
Wenn Männer einkaufen gehen, tun sie das wie echte Männer. Zielstrebig und schnell, wie Männer eben. Bei meinem letzten Besuch im billig Discounter meiner Wahl versuchte ich also weniger Mann zu wein, wie Frau es beim gemeinsamen einkaufen fordert. Da ich mich bei den ersten unsicheren, tapsigen Schritten in unbekannten Gefilden nur ungern beobachten lasse, tat ich es alleine. Ich schlenderte den Einkaufswagen bewusst locker in den Händen durch die Regale. Ich lies meinen Blick über die vollen Regale schweifen, stellte mir bei jedem einzelnen Produkt vor, wie toll es doch wäre wenn ich es jetzt dieses oder jenes in den Wagen legen würde und wartete vergeblich auf ein zärtlich aufkeimendes Glücksgefühl.
Leicht genervt darüber, es überhaupt ernsthaft versucht zu haben, beschloss ich meine Strategie zu ändern. Wenn ich schon an toten Tieren die neben Produkten noch lebender Tiere im Kühlregal lagen, keine Freude hatte, so würde ich mein Glück vielleicht an einem der zahlreichen Wühltische finden.
Schon gewusst, dass sämtliche Discountketten alle gleich eingerichtet sind?
Da ich erst letzte Woche in einem Laden der gleichen Kette gewesen bin der nur einen Kilometer vom jetzigen entfernt steht, griff ich auf die göttliche Gabe die allen Männern bei der Geburt in die Wiege gelegt wurde zurück. Ich nutze meinen überwältigenden Orientierungssinn. Zielstrebig wendete ich meinen Wagen und ging los.
Vor mir reihte sich ein Wühltisch nach dem anderen auf. Ich versuchte mir, typisch Mann, einen Überblick über die sich vor mir ausbreitenden Waren zu verschaffen. Nach zwei Minuten sah ich ein kläglich gescheitert zu sein. Die Warentische waren ohne Sinn und Verstand befüllt worden. Links und rechts von mir standen mit leuchtenden Augen Frauen die jedes Teil in die Hand nahm, prüfte und wieder zurücklegte. Ich schaute auf und entdeckte ein ganzes Rudel an Frauen die genau das gleiche Taten als wäre es ein mystisches Ritual. Spontan erinnerte es mich an eine Doku die ich gesehen hatte. Darin standen Wasserbüffel dicht gedrängt in mitten der Wüste um ein Wasserloch. Man hätte die Stimme aus dem off aus der Doku problemlos auch hier verwenden können.
»Hier sehen sie die natürliche Selektion. Nur die starken überleben. Beobachten sie wie die deutlich größere Büffelkuh das erst halb ausgewachsene Weibchen beiseite schiebt um selbst zu trinken.«
Hier war es nicht anders, die älteren, dickeren Weibchen schoben die jüngeren dezent beiseite um mit starrem, leuchtenden Blick und steifen Fingern nach Waren zu grapschen. Ich konnte eine klare Tendenz ausmachen, je älter desto dicker, desto kürzer die Haare. Die besonders alten dicken wiederum unterschieden sich darin wie röter ihre kurz geschnittenen Friseuren waren. Es war mir also ein leichtes das vermeintliche Alpha Weibchen auszumachen und tatsächlich, dass dickste mit den kürzesten, rotesten Haaren hatte klar die Oberhand. Sie bewegte sich filigran mit einem übervollen Einkaufswagen durch die Menge, drückte hier, schob da, um sich selbst die beste Position auf den Tisch zu verschaffen. Alle andren kuschten vor ihr kommentarlos und machten schon Platz wenn sich auch nur andeutete, dass sie in ihre Richtung steuerte.
Verblüfft stand ich da und beobachtet wie die Herde von Tisch zu Tisch zog.
Ich erkannte die Sinnlosigkeit meines Unterfangen. Niemals werde ich auch nur annähernd ähnlichen Spaß beim einkaufen haben. Niemals werde ich mir die Haare rot färben. Niemals werde ich, solange ich sie noch habe, mir die Haare im Bübchenstyle schneiden lassen. Und verdammt noch mal, niemals werde ich freiwillig so dick werden um einen besseren Platz am Wühltisch zu ergattern.
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